Farbtraditionen der Kolonialstadt
Die bunten Farben der Altstadt Charlestons werden dir bei deinem Besuch zuerst ins Auge stechen. Wohin du auch schaust, siehst du alle erdenklichen Töne von gelb, pink, blau und grün. Dazu sind viele Gärten traditionell von Palmen verschönert, ganz offensichtlich oder aber versteckt in unscheinbaren Ecken. Allein diese bunte Kulisse macht Charleston zu einer Sehenswürdigkeit und erweckt in vielen Besuchern das Gefühl im Karibikurlaub zu sein. Und tatsächlich hat Charleston eine enge Verbindung mit der Karibik (über die ich in einem zukünftigen Post berichten werde). Aber zurück zu den bunten Häusern. In diesem Post erläutere ich warum du in der Altstadt so zahlreiche bunte Fassaden findest, was es mit dieser Tradition auf sich hat und welches die beliebtesten Farbtöne sind.
Kurzgesagt, die Kolonisten des Charleston des 18. Jahrhundert bedienten sich dessen was sie hatten. Die natürliche Umgebung, die importierten Rohstoffe, aber auch Glaube und Tradition gaben die Farbpalette vor. (Und wenn du genau hinschaust, wird dir auffallen, dass die traditionellen Farben der Stadt sich in den Markenfarben von Wanderlust in Charleston widerspiegeln.)
Eine der ältesten benutzten Farben ist Ockergelb. Ocker ist ein Farbpigment, welches natürlich im Boden vorkommt. Wenn die gefärbte Erde abgebaut, ihr das Farbpigment entnommen und mit Wasser vermischt wird, enthält man verschiedenste Gelbtöne. Die Ockerpalette reicht von Hellgelb, über Goldgelb, zu Orange bis hin zu Rottönen. Ocker wurde herkömmlich in eine Mixtur von Kalk gemischt mit welcher die lokalen Häuser verputzt wurden. Das Resultat sind die gelben Fassaden die im Sonnenlicht wahrhaft strahlen.
Die beliebteste Farbe ist sicherlich Rosa, oder Bermuda Pink, unter welchem Namen es in der Stadt bekannt ist. Tatsächlich kam einer der frühsten Baustoffe in der Kolonie South Carolina aus der ebenfalls britischen Kolonie Bermuda. Dort wurde seit dem 17. Jahrhundert in großen Mengen Kalkstein abgebaut. Dieser bröselige Stein basiert auf Muschelfossilien. Muscheln haben oft einen Hauch von Rosa, daher schimmert der Bermuda Stone pink. Um eine kräftigere Farbe im Hausputz zu erlangen, wurde der Kalkmischung damals anekdotisch Ochsenblut beigemischt. Heute präsentieren sich unzählige Häuser der Altstadt in den verschiedensten Rosatönen und kleine Mädchen haben viel Spaß mitzuzählen wieviele rosa Häuser wir bei meiner Stadtführung passieren.
Ein markantes Hellblau entdeckst du überwiegend an den Balkondecken und nicht an den eigentlichen Hausfassaden. (Übrigens werden überdachte Balkone im historischen Viertel als Piazza bezeichnet. Klingt ja auch viel stilvoller.) Dieses allgegenwärtige Blau trägt in Charleston einen besonderen Namen: haint blue. Haint blue ist der Gullah-Gechee Kultur zuzuschreiben (siehe Blog Post “Charleston — Der Geheimtipp für USA Reisen”) . Der Farbton reicht von Hellblau bis hin zu Türkis. Er wird oft verwendet um Türen, Fensterrahmen oder halt Balkondecken zu streichen. Laut afrikanischer Tradition verwirrt dieser Ton die bösen Geister — Haints — welche das Blau mit dem Himmel verwechseln und somit nicht über Türschwellen oder durch Decken schreiten. Die Moderne besagt, dass blaue Decken Insekten abschrecken, welche ihr Nest nicht unter freiem Himmel bauen würden.
Verdigris Grün sorgt für den meisten Gesprächsstoff. Das helle, heitere Grün-Blau stand zu Kolonialzeiten hoch im Kurs. Damals wurde der Farbton als verdigris bezeichnet; heute nennen wir es Türkis. Das Wort verdigris leitet sich aus dem französischen vert-de-Grèce (griechisches Grün) ab. Vor Jahrhunderten erhielt man die Farbe indem man Kupferplatten über kochenden Essig hielt. Es erfolgte eine chemische Reaktion bei der sich ein türkisfarbener Film auf der Kupferplatte bildete. Dieser Film wurde daraufhin abgeschabt und man erhielt das verdigris-farbene Pigment. Verdigris war jedoch kein Farbstoff von Dauer. Das Pigment reagierte leicht mit Umwelteinflüssen wie saurem oder salzhaltigem Regen und verdunkelte sich als Konsequenz. Ein sehr dunkles, fast schwarzes, Grün entstand. Doch auch dieses tiefe Dunkelgrün bekam einen Platz in Charlestons Geschichte und wurde als Charleston Green (Charleston Grün) berühmt. Heute kannst du endlose Haustüren, Fensterläden und Blumenkästen in diesem traditionellen Farbton finden. Das farbenfrohe Charleston wäre nicht komplett ohne diese zahlreichen Farbtupfer in Charleston Green.
Ein kleiner Geheimtipp: Solltest du das Glück haben Charleston einmal persönlich besichtigen zu können, dann mache ein Foto von der berühmten Rainbow Row, eine der bekanntesten Sehenswürdigkeiten der Altstadt, welche die gesamte Farbpalette der Stadt aneinanderreiht.